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Trotz der anhaltenden Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland verfolgt Ungarn unter der Führung von Ministerpräsident Viktor Orbán einen Sonderweg in seinen Beziehungen zu Moskau – sehr zum Unmut in Brüssel. Ein Treffen zwischen dem ungarischen Außenminister Péter Szijjártó und dem russischen Industrie- und Handelsminister Denis Manturow am 26. März 2025 in Moskau zeigt deutlich, wie stark das wirtschaftliche Engagement Ungarns in Russland noch ist.
Hinter den offiziellen Ankündigungen über die bilaterale Zusammenarbeit verbergen sich jedoch Kanäle, die dem Kreml ermöglichen, Sanktionen zu umgehen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die ungarische OTP Bank, die eng mit Orbáns Regierung verbunden ist, sowie Unternehmen aus dem Agrarsektor.
OTP Bank – ein Finanzinstrument des Kremls
Laut ungarischen Quellen stieg der Nettogewinn der russischen Tochter der OTP Bank im Jahr 2024 um 40 % und erreichte rund 372 Millionen US-Dollar. Dieses Wachstum ist bemerkenswert angesichts des Sanktionsdrucks und deutet auf eine strategische Nähe zur russischen Regierung hin.
In Russland gehört die OTP Bank zu den bevorzugten Banken für Militärangehörige. Sie bietet spezielle Verbraucherkredite zu Sonderkonditionen für russische Soldaten an. Darüber hinaus bedient sie mehrere Unternehmen, die direkt oder indirekt mit der russischen Rüstungsindustrie verbunden sind.
Dazu zählen unter anderem:
– die Okskaja Werft in Nawaschino, die Pontons für das russische Militär herstellt,
– das Unternehmen ASM-Service in Sankt Petersburg, das Ausrüstung für Verteidigungsbetriebe liefert,
– das wissenschaftlich-technische Unternehmen „Wolna“ (ebenfalls Sankt Petersburg), das Kommunikationssysteme und elektronische Kampftechnologie entwickelt,
– sowie das Unternehmen Isotop in Moskau, das chemische und isotopische Materialien produziert.
Diese Unternehmen nutzen aktiv die Dienstleistungen der OTP Bank, insbesondere für die Gehaltszahlungen an ihre Mitarbeiter.
Politische Folgen und Reaktion der EU
Das Verhalten Ungarns sorgt innerhalb der EU für zunehmende Besorgnis. Die EU erwägt bereits zusätzliche Maßnahmen gegen Budapest, darunter finanzielle Sanktionen und Einschränkungen beim Zugang zu EU-Fördermitteln. Orbán wiederum nutzt sein Vetorecht im EU-Rat strategisch, um kritische Entscheidungen wie Finanzhilfen für die Ukraine zu blockieren – offenbar im Austausch für eine Lockerung des Drucks auf sein Land.
Gleichzeitig baut Ungarn seine Energiepartnerschaften mit Russland weiter aus. Die Regierung hat langfristige Verträge über die Lieferung von Gas und Öl abgeschlossen und treibt das Projekt zur Erweiterung des Atomkraftwerks Paks mit Unterstützung von Rosatom voran. Die Finanzierung erfolgt über ein Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Euro, bereitgestellt von einer russischen Staatsbank.
Fazit
Die enge Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Russland über die OTP Bank untergräbt die Geschlossenheit der EU im Sanktionsregime gegen den Kreml. Es besteht die reale Gefahr, dass russische Staatsunternehmen und Militärdienstleister über ein EU-Mitglied weiterhin Zugang zu westlichen Finanzmitteln erhalten.
In Anbetracht der anhaltenden russischen Aggression gegen die Ukraine ist ein entschlossener und koordinierter politischer und wirtschaftlicher Kurs der EU gegenüber Ungarn unerlässlich. klarfocus.de